Künstler-Ehepaar bringt maritimes Flair nach Schwerin
Künstler-Ehepaar | |
Christel Weiß, Johannes Weiß | |
Telefon: | 03 37 66/58 98 49 |
E-Mail: | hannes.weiss1939@web.de |
Mit Großseglern auf See!
Stand: Oktober 2019
Das kleine Schwerin hat seit jeher ein großes Problem: Es wird immer wieder mit dem großen Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern verwechselt. Das könnte sich jetzt sogar noch häufen, denn ganz neu hat die Amtsgemeinde vom Schenkenländchen echtes maritimes Flair bekommen.
Dafür sorgen Christel Weiß und Johannes Weiß. Das Ehepaar war nämlich über lange Jahre auf mächtigen „Windjammern“ zuhause. „Mitfahren bedeutete, bei der täglichen Arbeit an Bord mitzumachen. Ich habe mich dort vor 20 Jahren als Trainee, also als Hilfsmatrose, ausbilden lassen“, verblüfft der heute
80-Jährige.
Unterwegs auf der Gorch Fock
Das Paar wohnt seit einem Jahr in Schwerin, allerdings ohne bisher „entdeckt“ worden zu sein. Hier haben sie soeben
ihre Goldene Hochzeit gefeiert, können also auf ein halbes Jahrhundert Ehe zurückblicken.
Sie sind aus Königs Wusterhausen hergezogen. Zu ihren maritimen Erlebnissen gehört nach der Wende die Fahrt mit der 1933 als Ersatz für das
vor Norwegen untergegangene Segelschulschiff „Niobe“ gebauten „Gorch Fock“.
„Sie gehörte damals unter dem
Namen ‚Towarischtsch‘ zur sowjetischen Handelsmarine. Mittlerweile ist der Verein ‚Tall-Ship Friends‘ Eigentümer. Es liegt jetzt im ursprünglichen Heimathafen Stralsund zur Reparatur. Ich war damals maßgeblich in dem Verein
tätig. Dabei ist mir aufgefallen, dass bei der Restaurierung des Schiffs in etwa genauso viel schief geht wie es der Bundeswehr mit ihrem gleichnamigen 1958 gebauten Schwesterschiff gerade passiert. Weil
ich dies nicht decken wollte, bin ich aus dem Verein ausgeschieden“, beweist Christel Weiß, dass sie Mut und eine gute Spürnase hat.
Verbotene Enthüllungen
Sie wollte die Hintergründe in dem Enthüllungsbuch „Die Tränen der schönen GeEf“ unter dem mütterlichen Namen Maria Helena Wunderwald als Pseudonym aufdecken.
Offenbar stieß sie dabei zu tief in offene Wunden: „Gleich nach Erscheinen wurde der Verlag mit einer Klageandrohung über 100 000 Euro überzogen. Das war ein kleines
Unternehmen und hat das Buch dann zurückgezogen.“
Wie abenteuerlich ihre „zwei Leben“, in der DDR und danach waren, hat sie in ihrem Erstlingswerk sehr interessant beschrieben: „Geschichten aus dem ersten Leben“ gibt
viele Einblicke. Sie erzählt, wie die Familie in Kreuzberg ausgebombt wurde, in Köpenick eine Ersatzbleibe fand und vom Mauerbau überrascht wurde.
Fürs Winken im Knast
„Ich saß in der Ost-S-Bahn am Bahnhof Friedrichstraße. Aus dem Zug gegenüber lud mich ein Mann ein, schnell in die
offene Tür zu springen und in den Westen zu wechseln. Ich wollte aber nicht meine Heimat und meine Freunde verlassen. Dafür verlor ich meine Verwandten, denn die waren alle im Westteil der Stadt. Ich kam für ein dreiviertel Jahr ins Frauengefängnis in der Barnimstraße, weil ich meiner Tante im Westen gewunken
hatte.“ Doch das ließ sie nicht verbittern: „Der Staatsanwalt, der mich damals verurteilen ließ, half mir später, dass ich dennoch meinen Traum vom Studieren verwirklichen konnte. Die Behandlung im Frauengefängnis war korrekt. Was heute nachträglich an Greueln behauptet wird, habe ich so niemals erlebt.“
Zu Hause bei Stefan Heym
Als Sprachwissenschaftlerin für Englisch und Spanisch konnte sie als Gästeführerin manche Prominente kennenlernen. Zudem war sie mit
Stefan Heym gut bekannt. Der Schriftsteller war mit seiner amerikanischen Ehefrau Gertrude Gelbin 1952 wegen der McCarthy-Verfolgungen aus den USA nach Ostberlin gekommen. „Ich habe sie öfters zuhause besucht.“ Vielleicht war das ein Anstoß, später
selbst literarisch tätig zu werden? Außer dem Tatsachen-Roman „Da war nur einer...“ über Familienmitglieder
ihres Mannes, die im Widerstand gegen Hitler waren, brachte Christel Weiß „Eine Bornholmer Bildergeschichte“ heraus. Diese erschien erst im Quertz-Verlag und fünf Jahre später nochmals im Bülten-Verlag. Hier erfährt der Leser einen doppelten Genuss, denn das Buch ist reichlich mit Bildern ausgestattet. Diese stammen von Ehemann Johannes Weiß.
Malerei und Gesundheit
Er kann auf einem ebenso
interessanten Weg zur Malerei verweisen wie die Ehefrau zur Literatur. „Ich war in Dresden mit dem Sohn von Prof. Fritz Dähn befreundet. Deshalb konnte ich mich im Atelier des Professors tummeln, wann ich wollte und
erhielt von ihm ‚Privatunterricht‘ in Malerei“, verblüfft der Neu-Schweriner.
Dähn war Maler und leitete von 1950 bis 1953 die Hochschule für Bildende Künste Dresden. 1961 wechselte er an die Kunsthochschule Berlin-Weißensee, wo er bis 1968 Rektor war.
Johannes Weiß konnte das Gelernte allerdings erst spät umsetzen.
„Ich war im Ministerium für Gesundheit für die DDR-weite Kontrolle der Gesundheitseinrichtungen zuständig. Nach der Wende habe ich in
Königs Wusterhausen den ASB mit aufgebaut und war in der Volkssolidarität aktiv, um die sozialen Strukturen zu sichern“, berichtet er.
Bunt und vielfältig
Doch nun ist „Hannes“ Weiß ein bienenfleißiger Künstler, der gerne knallbunte Bilder schafft. Seine Motive sind fast schon weltumspannend. Sie gehen von den kleinen Backsteinkirchen der Region über fein ziselierte Winterlandschaften bis zur Auseinandersetzung mit Themen wie Umweltschutz, Frevel an der Tierwelt, Klimawandel oder Wegwerfgesellschaft.
Ein wichtiger Schwerpunkt sind maritime Themen – schließlich ist mit Familie Weiß das einzige Ehepaar in der Seegemeinde Schwerin, das eigene Erfahrung mit
Leben und Arbeiten auf
einem Großsegler hat!